Wenn ein Unternehmen in Schieflage gerät oder sich neu aufstellen muss, wird es oft hektisch. Der Druck ist groß, schnell zu handeln – und genau dann passieren die folgenschwersten Fehler. Was als Rettungsversuch beginnt, endet nicht selten vor Gericht. Dabei lassen sich die meisten Probleme mit etwas Weitsicht vermeiden.
Kündigungen ohne Netz und doppelten Boden
Der klassische Fehler schlechthin: Das Unternehmen muss Stellen abbauen und kündigt nach Bauchgefühl. Vielleicht sind es die Mitarbeitenden, die am wenigsten ins neue Konzept passen, oder diejenigen mit den höchsten Gehältern. Was logisch klingt, kann teuer werden. Denn das Arbeitsrecht kennt klare Spielregeln – und wer sie missachtet, riskiert Kündigungsschutzklagen und Abfindungen, die das Sanierungsbudget sprengen.
Besonders problematisch wird es, wenn Schwangere, Schwerbehinderte oder Betriebsratsmitglieder betroffen sind. Hier greifen besondere Schutzvorschriften, die nicht einfach übergangen werden können. Auch die Sozialauswahl wird oft unterschätzt: Wer ohne nachvollziehbare Kriterien kündigt, verliert vor dem Arbeitsgericht. Eine professionelle Beratung zum Kündigungsschutz kann hier vor bösen Überraschungen bewahren und zeigt auf, welche Wege rechtlich sauber sind.
Verträge einfach neu verhandeln? Nicht so schnell
Ein weiterer Stolperstein: Bestehende Verträge werden in der Krise als lästig empfunden und kurzerhand angepasst. Lieferanten bekommen neue Konditionen vorgesetzt, Mietverträge sollen vorzeitig beendet werden. Das Problem: Verträge sind bindend, und einseitige Änderungen führen zu Schadenersatzforderungen.
Besonders heikel wird es bei Arbeitsverträgen. Mitarbeitende können nicht einfach dazu gezwungen werden, weniger Gehalt zu akzeptieren oder andere Aufgaben zu übernehmen. Selbst ein freundlich formuliertes „Wir müssen alle Opfer bringen“ ersetzt keine rechtswirksame Vertragsänderung. Wer hier nicht sauber mit Änderungskündigungen oder Aufhebungsverträgen arbeitet, produziert neue Baustellen.
Betriebsübergänge und ihre Tücken
Wenn Unternehmensteile verkauft oder ausgegliedert werden, kommt § 613a BGB ins Spiel. Dieser regelt den Betriebsübergang – und wird gerne unterschätzt. Die Folge: Mitarbeitende müssen nicht informiert werden, Widerspruchsrechte werden verschwiegen, und plötzlich klagen die Angestellten gegen den neuen Arbeitgeber.
Das Gesetz ist hier glasklar: Betroffene Beschäftigte haben ein Recht auf umfassende Information. Wer das versäumt, riskiert, dass der Übergang unwirksam wird. Dann hängen die Arbeitsverträge weiter am alten Arbeitgeber – der womöglich gar nicht mehr existiert. Ein Chaos, das sich durch simple Kommunikation vermeiden lässt.
Finanzielle Fehlkalkulationen in der Krise
Restrukturierung kostet Geld – und zwar oft mehr als eingeplant. Viele Unternehmen unterschätzen die Kosten für Rechtsberatung, Abfindungen und externe Dienstleister. Dann fehlt das Budget an anderer Stelle, etwa für dringend nötige Investitionen. Wer als Selbstständiger oder Geschäftsführer in dieser Phase den Überblick über die Finanzen behalten möchte, braucht eine realistische Planung.
Noch gefährlicher: Zahlungen werden verschleppt, weil das Geld knapp ist. Sozialversicherungsbeiträge bleiben liegen, Steuern werden zu spät überwiesen. Das kann strafrechtliche Konsequenzen haben und die Geschäftsführung persönlich haftbar machen. Gerade in der Krise gilt: Transparenz und klare Prioritäten bei der Mittelverwendung sind überlebenswichtig.
Kommunikation verschlafen – Vertrauen verspielt
Was in Restrukturierungsphasen gerne vergessen wird: Menschen arbeiten besser, wenn sie wissen, woran sie sind. Statt offen zu kommunizieren, wird gemauert. Gerüchte machen die Runde, die Belegschaft ist verunsichert, und plötzlich kündigen ausgerechnet die Leistungsträger von selbst.
Gleichzeitig wird auch nach außen geschwiegen. Lieferanten erfahren nichts, Kunden werden im Unklaren gelassen. Das Ergebnis: Verträge werden gekündigt, Aufträge brechen weg. Dabei würde eine ehrliche Kommunikation oft Verständnis schaffen und Lösungen ermöglichen. Wer seine Geschäftspartner frühzeitig einbindet, kann gemeinsam nach Wegen suchen.
Der Blick fürs große Ganze
Restrukturierung ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Wer dabei die rechtlichen Rahmenbedingungen ignoriert, stolpert früher oder später. Erfolgreiche Unternehmensführung bedeutet auch in der Krise, strategisch und rechtssicher zu handeln. Das kostet Zeit und Nerven, zahlt sich aber aus. Am Ende geht es nicht nur um die Vermeidung von Klagen und Strafen. Es geht darum, das Unternehmen so umzubauen, dass es gestärkt aus der Krise hervorgeht. Und das funktioniert nur, wenn die Basis stimmt – rechtlich wie menschlich.