Working Capital Management in Krisenzeiten: Liquidität sichern ohne Wachstum auszubremsen

von Redaktion

In wirtschaftlich angespannten Zeiten rücken vor allem die finanziellen Stellhebel in Unternehmen stärker in den Fokus. Besonders für kleine und mittlere Betriebe stellt sich die Frage, wie sich Liquidität sichern lässt, ohne dadurch ihre Wachstumschancen zu gefährden. Lieferschwierigkeiten, volatile Energiepreise und gestörte Absatzmärkte erschweren aktuell sowohl die Planbarkeit als auch die Kapitalbindung.

Ein zentraler Schlüssel liegt in einem aktiven Working Capital Management. Bei diesem geht es nicht nur um kurzfristige Effizienz, sondern um die Fähigkeit, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und sich zukunftsfähig aufzustellen.

Die zentralen Stellschrauben im Überblick

Der Begriff Working Capital beschreibt die Differenz zwischen Umlaufvermögen und kurzfristigen Verbindlichkeiten. Gemeint sind also die Mittel, die dem operativen Geschäft zur Verfügung stehen.

Drei Handlungsfelder gelten in diesem Kontext als besonders einflussreich:

  • Forderungsmanagement: Eine konsequente Debitorenüberwachung, Bonitätsprüfungen und automatisierte Mahnprozesse helfen, Außenstände zu reduzieren. Gerade bei einer starken Auftragslage wird eine mangelnde Kontrolle über Forderungslaufzeiten schnell zur Belastung.
  • Lagerhaltung: Zu hohe Bestände binden Kapital, zu geringe gefährden dagegen die Lieferfähigkeit. Eine intelligente Bedarfsplanung, flexible Dispositionsmodelle und IT-gestützte Warenwirtschaftssysteme ermöglichen eine präzisere Steuerung.
  • Zahlungsziele bei Lieferanten: Verhandlungsspielräume auf der Passivseite sollten gezielt genutzt werden – in enger Abstimmung mit den Partnern. Ziel ist ein Gleichgewicht aus Liquiditätsvorteilen und stabilen Geschäftsbeziehungen.

In der Praxis zeigt sich: Eine einmalige Maßnahme reicht selten aus. Vielmehr bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtung. Dabei greifen viele Unternehmen auch auf die Unterstützung einer erfahrenen Unternehmensberatung für den Mittelstand zurück. Die Experten analysieren bestehende Prozesse und entwickeln sie branchenspezifisch weiter.

Risiken erkennen und Wachstum absichern

Zu den häufigsten Fehlern im Working Capital Management gehört die kurzfristige Fokussierung auf extreme Kostensenkungen. Unternehmen, die Investitionen verschieben, ihre Lagerbestände drastisch reduzieren oder Zahlungsziele maximieren, entlastet zwar ihr Konto, sie gefährden jedoch mittelfristig damit auch Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.

Laut einer im März 2024 veröffentlichten Erhebung des Bundesverbands der Deutschen Industrie gaben rund 40 Prozent der befragten mittelständischen Betriebe an, geplante Investitionen wegen fehlender Liquidität zurückgestellt zu haben. Betroffen sind davon insbesondere Digitalisierungsprojekte und Personalentwicklung – zwei Faktoren, die jedoch für die Zukunftssicherung zentral sind. Ein gezieltes Working Capital Management hilft dabei, diesen Zielkonflikt zu entschärfen. Mit klaren Strukturen und Transparenz entstehen Handlungsspielräume, die nicht aus externen Finanzierungsquellen gespeist werden müssen.

Digitalisierung als Werkzeug, nicht als Selbstzweck

Moderne ERP-Systeme, automatisierte Zahlungsabgleiche oder KI-gestützte Forecasts ermöglichen eine dynamische Steuerung der Kapitalbindung. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass technologische Lösungen nicht isoliert betrachtet werden. Erst, wenn die Prozesse vollständig durchdacht und abteilungsübergreifend abgestimmt sind, entfaltet die Digitalisierung ihren wirklichen Nutzen.

Ein Beispiel: Das Echtzeit-Monitoring von Lagerbewegungen ist nur dann sinnvoll, wenn auch Einkaufsplanung, Produktion und Vertrieb nahtlos eingebunden sind. Für mittelständische Betriebe bedeutet das: Die technische Infrastruktur muss mit den organisatorischen Veränderung mitgehen.

Handlungsspielräume intelligent nutzen

Working Capital Management darf nicht auf die reine Zahlenoptimierung reduziert werden. Es geht vielmehr darum, finanzielle Mittel effizient einzusetzen und das operative Geschäft widerstandsfähiger zu machen. Werden Prozesse konsequent analysiert, realistische Ziele definiert und intern wie extern für Transparenz gesorgt, lässt sich neues Kapital freisetzen, ohne dabei an Substanz zu verlieren.

Der Mittelstand steht heute vor der Herausforderung, die Liquidität zu sichern und gleichzeitig seine Zukunftsinvestitionen nicht zu vernachlässigen. Mit der richtigen Balance und einem fundierten Blick auf die betrieblichen Abläufe lassen sich jedoch beide Ziele erfolgreich umsetzen.

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