Arbeitgeber schickt keine Entgeltbescheinigung an Krankenkasse?

von Redaktion
Entgeltbescheinigung zur Berechnung von Krankengeld

Eine fehlende Entgeltbescheinigung (häufig „Entgeltbescheinigung zur Berechnung von Krankengeld“) kann die Krankengeldzahlung verzögern und zu finanziellen Engpässen führen. Das belastet Betroffene zusätzlich. Dieser Leitfaden zeigt, wie Sie Ihre Rechte sachlich und effektiv durchsetzen. Wichtig: Bleiben Sie dabei stets ruhig und professionell, auch wenn es frustrierend ist.

Die Pflicht des Arbeitgebers: klare Vorgaben

Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet (§ 47 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 95 SGB IV, DEÜV), die Entgeltbescheinigung nach Aufforderung durch die Krankenkasse unverzüglich elektronisch zu übermitteln (meist binnen weniger Tage). Verstöße können empfindliche Bußgelder (ggf. bis zu 5.000 Euro) und Haftung für Schäden (z.B. Verzugszinsen, §§ 280, 286 BGB) nach sich ziehen. Sie als Arbeitnehmer tragen dafür keine Verantwortung; die Erfüllung dieser Pflicht obliegt dem Arbeitgeber auch bei internen Problemen.

Digitaler Prozess und häufige Hürden in der Praxis

Mit der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) erhält Ihre Krankenkasse diese Information direkt vom Arzt und fordert daraufhin die nötige Entgeltbescheinigung elektronisch beim Arbeitgeber an (EEL-Verfahren).

Typische Gründe für dennoch auftretende Verzögerungen können sein:

  • Technische Probleme: Schnittstellen zwischen Lohnprogramm und Kassensystemen funktionieren nicht reibungslos oder erfordern manuelle Eingriffe.
  • Personelle Engpässe: Überlastung oder fehlendes Personal in Lohnbuchhaltung/Personalabteilung verlängern die Bearbeitung.
  • Interne Abläufe: Informationen liegen nicht rechtzeitig vor oder interne Kommunikation stockt.
  • Fehlende Dringlichkeit: Die Notwendigkeit der unverzüglichen Übermittlung für den Krankengeldanspruch wird unterschätzt.
  • Stammdatenfehler: Falsch hinterlegte Arbeitnehmerdaten erschweren die elektronische Zuordnung.

Diese potenziellen Hürden unterstreichen, wie wichtig Ihre gut dokumentierten Nachverfolgungsschritte sind.

Schritt für Schritt vorgehen

  1. Freundliche Erstnachfrage: Beginnen Sie mit einem sachlichen Dialog, oft liegt nur ein Missverständnis vor.
    • Telefon: Nachfragen, Gesprächspartner/Datum notieren.
      Beispiel: „Könnten Sie bitte bestätigen, ob die Entgeltbescheinigung übermittelt wurde?“
    • E-Mail: Nachfrage kurz schriftlich bestätigen (Nachweis).
  2. Schriftliche Fristsetzung: Keine Reaktion binnen z.B. 3 Werktagen? Setzen Sie schriftlich eine klare Frist – professionell, ohne Vorwürfe.
    • Betreff-Beispiel: „Erinnerung: Übermittlung Entgeltbescheinigung bis [Datum]“.
    • Inhalts-Beispiel: „Bitte um Übermittlung der Entgeltbescheinigung bis [Datum], wie besprochen/per E-Mail vom [Datum] erbeten. Bei Problemen bitte kurze Rückmeldung.“
    • Versand: E-Mail (mit Lesebestätigung) oder Einschreiben.
  3. Krankenkasse einbinden: Informieren Sie parallel Ihre Krankenkasse schriftlich über die Verzögerung und reichen Sie Kopien ein:
    • Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung(en)
    • ggf. Schriftverkehr mit dem Arbeitgeber
    • ggf. formlose Vollmacht für direkte Nachfrage der Kasse

    Unterstützung durch die Kasse:

    • Auszahlung vorläufigen Krankengelds („Abschlagszahlung“, wird später verrechnet).
    • Arbeitgeber zur Übermittlung auffordern (oft mit kurzer Frist).
    • Verstoß an zuständige Behörde melden (kann Bußgeldverfahren auslösen).
  4. Betriebsrat / Personalrat informieren: Falls vorhanden, bitten Sie die Interessenvertretung um Unterstützung. Diese kann oft intern vermitteln.
  5. Optional: letzte schriftliche Mahnung: Vor externen Schritten können Sie eine letzte Mahnung senden:Beispiel: „Trotz Erinnerung fehlt die Bescheinigung. Bitte letztmalig um Übermittlung bis [Datum], sonst Prüfung weiterer Schritte.“

Wenn alle Stricke reißen: letzte Optionen

a) Zuständige Behörde informieren
Die zuständige Behörde (meist das Hauptzollamt) prüft solche Verstöße. Eine formlose Meldung mit Nachweisen genügt oft.

b) Rechtsberatung suchen
Unterstützung gibt es ggf. bei der Gewerkschaft oder einem Fachanwalt für Arbeitsrecht. Dieser kann auch prüfen, ob Schadensersatzansprüche bestehen.

c) Arbeitsgerichtliches Eilverfahren
Bei Dringlichkeit kann beim Arbeitsgericht ein Eilverfahren (§ 61a ArbGG) zur Anordnung der Übermittlung angestrebt werden.

Fazit: proaktiv handeln lohnt sich

Eine verzögerte Entgeltbescheinigung ist lösbar. Handeln Sie frühzeitig: Kommunizieren Sie klar, dokumentieren Sie alles und beziehen Sie die Krankenkasse mit ein. So zeigen Sie, dass Sie Ihre Rechte kennen und beugen oft weiteren Verzögerungen vor.

Bleiben Sie konsequent, aber sachlich – das schützt Ihre Finanzen und das Arbeitsverhältnis.


Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Alle Angaben ohne Gewähr.

Das könnte dir ebenfalls gefallen

commerce-mag.de | All Right Reserved.