Onlineshop von der Stange oder maßgeschneiderte E-Commerce Lösung?

von Redaktion

Wer als Unternehmer seine Produkte im eigenen Webshop anbieten möchte, steht bald vor der Frage, wie der Shop technisch realisiert wird. Auch wer mit einem E-Commerce-Projekt nach Selbstständigkeit strebt, muss klären, ob ein Shopsystem von der Stange oder eine individuelle Lösung die beste Wahl ist. Der folgende Beitrag hilft, die Unterschiede zwischen den beiden Varianten zu verstehen und erklärt ihre jeweiligen Vor- und Nachteile.

Was genau sind die Unterschiede zwischen System- und Individuallösung?

Bei der Umsetzung eines Internetshops gibt es grundsätzlich zwei unterschiedliche Herangehensweisen. Zum einen besteht die Möglichkeit, den Shop samt Anbindung an Warenwirtschafts- und ERP-System komplett „from scratch“ neu entwickeln zu lassen. Ein solcher Shop lässt sich perfekt an die Anforderungen des Unternehmens anpassen. Zum anderen gibt es fertige Shopsysteme, die wie ein WordPress-Blog mit wenigen Klicks eingerichtet und dann angepasst werden.

Auch damit ist, wenn fähige Webdeveloper hinzugezogen werden, ein hoher Grad an Individualisierung erreichbar. Die Anbindung an die meisten gängigen Warenwirtschaftssysteme ist mit den großen Shopsystemen ebenfalls möglich. Neben der Nutzung selbst betriebener Shopsysteme wie WooCommerce oder PrestaShop besteht zudem die Möglichkeit, auf die Angebote von Full-Service-Providern wie Shopify zurückzugreifen. Diese stellen nicht nur die Software zur Verfügung, sondern kümmern sich auch um das Hosting des Shops.

Individuelle Eigenentwicklung: Teurer, aber spezialisiert

Den eigenen Shop individuell von Grund auf entwickeln zu lassen, ist der konventionelle Weg, ein Onlinebusiness zu etablieren. Mittlerweile sind die „Fertiglösungen“ aber so gut, dass sie der Eigenentwicklung in vielen Bereichen den Rang abgelaufen haben. Dennoch haben individuelle Lösungen bis heute eine Reihe von Vorteilen gegenüber den Systemen.

Gerade in sehr spezialisierten Branchen sind die Individuallösungen oft überlegen. Spezialisierte Konfiguratoren für Nischenprodukte sind in solchen Shops zum Beispiel deutlich besser umsetzbar. Das kann unter Umständen einen echten Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz bedeuten. Bei Shops mit sehr großem Sortiment kann eine Individuallösung zudem bei der Skalierung helfen. Durch Aussparung unnötiger Funktionen lässt sich die Performance gerade bei großen Shops erheblich verbessern. Zu guter Letzt profitieren Unternehmen, die ihr eigenes, selbst entwickeltes System nutzen, von größerer technologischer Unabhängigkeit, da sie nicht auf Entwicklungen im Basissystem warten müssen, um neue Features umzusetzen.

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Dem stehen allerdings auch einige Nachteile gegenüber. Allem voran gilt: Ein individuell entwickeltes Shopsystem ist in den allermeisten (aber nicht allen) Fällen kostspieliger als die Nutzung einer Systemlösung. Das führt dazu, dass die Eigenentwicklung eines Shops sich typischerweise erst ab einer gewissen Unternehmensgröße bzw. Umsatzhöhe lohnt. Das liegt vor allem daran, dass auch Funktionen, die für die großen Systemlösungen in Form von Plug-ins angeboten werden, einzeln entwickelt werden müssen.

Zudem begeben Unternehmen, die ihre eigene Shopsoftware entwickeln lassen, sich damit in eine gewisse Abhängigkeit von den Entwicklerinnen und Entwicklern. Denn egal, wie gut der Programmcode dokumentiert wird, wenn das Entwicklungsteam in Zukunft gewechselt werden soll, dauert es oft lange, die neuen Developer in das System einzuarbeiten. Das gilt auch dann, wenn ein Unternehmen das Shopsystem komplett inhouse entwickeln lässt. Wird eine Shopsoftware extern entwickelt, ist dieser Aspekt noch deutlich wichtiger.

Fertige Shoplösungen: Günstige, schnelle Entwicklung

Greift ein Unternehmen dagegen auf ein fertiges Shopsystem zurück, verringert sich diese Abhängigkeit. Gerade für große Systeme wie Magento, PrestaShop oder xt-Commerce gibt es viele spezialisierte Softwareentwicklerinnen und -entwickler, die Wartung und Weiterentwicklung eines Shops in überschaubarer Zeit übernehmen können. Zudem profitieren Shopbetreiber davon, dass es für viele der Systeme bereits eine Vielzahl von Plug-ins, Modulen und Erweiterungen gibt, die eine Anpassung an die eigenen Anforderungen erheblich beschleunigen können. Die Systeme können darüber hinaus noch weiter individualisiert werden.

Dank Standardschnittstellen gibt es die Möglichkeit, eigene Plug-ins entwickeln zu lassen, die die Anbindung an Spezialsoftware ermöglichen und besondere Features für das Frontend bereitstellen. Weiterhin profitieren auf gut gepflegten Softwareplattformen aufbauende Shops davon, dass Sicherheitslücken schneller geschlossen werden als bei Eigenentwicklungen. Allerdings kann die hohe Verbreitung der Systemlösungen umgekehrt auch zum Sicherheitsrisiko werden. Je weiter eine Software verbreitet ist, desto attraktiver wird sie für Angreifer. Wenn Sicherheitslücken bekannt werden, attackieren sie eine Vielzahl von Webshops gleichzeitig.

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Auch wenn die Systementwicklerinnen und -entwickler Lücken meist schnell schließen, müssen die entsprechenden Patches auch zeitnah installiert werden. Systemlösungen müssen also ebenfalls regelmäßig gewartet werden, wodurch die Betriebskosten sich erhöhen. Darüber hinaus sind Standard-Software-Lösungen für Onlineshops oft nur schwer an die Anforderungen sehr spezialisierter Branchen anpassbar.

Gerade für Industrieunternehmen, die ihrer B2B-Kundschaft sehr detaillierte Konfiguratoren anbieten müssen, reichen die begrenzten Möglichkeiten der Shopsysteme mitunter nicht aus. Selbst die Entwicklung eigener Module und Erweiterungen ist dann nicht immer ausreichend. Bei Nutzung eines Full-Service-Systemanbieters begeben Unternehmen sich in eine hohe Abhängigkeit von der Shop-Plattform. Gerade für KMUs kann das im Ernstfall zu einer echten Herausforderung werden.

Fazit: Vor allem spezialisierte Unternehmen profitieren von Individuallösungen

Es gibt sowohl für die Option, eine individuelle Shoplösung entwickeln zu lassen, als auch für die Nutzung von Standard-Shopsystemen gute Argumente. In der Praxis spielen vor allem die Größe des Unternehmens und die Frage, ob der Shop stark individualisierte Features benötigt, eine Rolle bei der Entscheidung. Denn die Mehrkosten, die mit der Entwicklung eines eigenen Shops einhergehen, sind nicht zu vernachlässigen. Für kleine und mittlere Unternehmen, Start-ups oder Soloselbstständige, die ihr Glück mit einem Onlineshop versuchen wollen, sind diese oft nicht zu rechtfertigen.

Unternehmen, die individuelle Features oder die Anbindung an exotische Warenwirtschaftslösungen benötigen, sollten daher im Vorfeld der Entscheidung zunächst ein minimales Featureset definieren, das sie für ihren Shop benötigen. Im Gespräch mit Inhouse-Developern oder einer externen Agentur gilt es danach zu prüfen, ob eine Standard-Shoplösung diesen Anforderungen gerecht werden kann. Ist das der Fall, lohnt es sich mit Blick auf die Kosten auf jeden Fall, eine Standardlösung in Betracht zu ziehen. Ob Spezial- und Branchenerfordernissen auch mit eigenentwickelten Plug-ins gerecht zu werden ist, muss dabei genau analysiert werden.

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